Vorbei sind die Zeiten, in denen chinesische Automarken als bloße Nachahmer westlicher Hersteller angesehen wurden. Heute haben sie sich von Design-Nachahmern zu ernsthaften Wettbewerbern entwickelt, die über fortschrittliche Ingenieurskunst, Zugang zu günstigeren Arbeitskräften und eine Fülle von Rohstoffen verfügen. Dies hat chinesische EV-Hersteller zu einer formidable Kraft auf der globalen Bühne gemacht, was die Branchenführer dazu veranlasst hat, ihre Strategien zu überdenken.
Ford-CEO Jim Farley hat kürzlich Alarm geschlagen und chinesische EV-Hersteller als eine „existenzielle Bedrohung“ bezeichnet. Seine Kommentare kamen nach einem Besuch in China, wo er lokale EVs getestet und aus erster Hand den rasanten Fortschritt der chinesischen Automobilhersteller miterlebt hat. Während dieser Reise äußerte Ford-CFO John Lawler Farleys Bedenken und gab zu: „Diese Jungs sind uns voraus.“ Farley, der Parallelen zum Aufstieg japanischer Marken wie Toyota und Honda in den 1980er Jahren und dem jüngsten Aufschwung von Hyundai und Kia zog, warnte, dass sich die Geschichte wiederholen könnte.
Angesichts dieser wachsenden Konkurrenz hat Ford sich bemüht, zu reagieren. Farley hat ein „Skunkworks-Team“ beauftragt, eine neue Plattform für erschwingliche EVs zu entwickeln, um nicht nur mit chinesischen Marken, sondern auch mit dem Branchenriesen Tesla zu konkurrieren. Doch Fords Ansatz scheint reaktiv statt proaktiv zu sein. Das Unternehmen steht kurz vor der Einführung des elektrischen Puma, eines kleinen Crossovers, das auf den europäischen Markt abzielt. Allerdings wird es in den USA nicht erhältlich sein, und Ford hat bereits seine Verpflichtung zurückgenommen, bis 2030 vollständig elektrisch in Europa zu werden.
Fords Kämpfe im EV-Markt spiegeln sich in einer Reihe von verzögerten und abgesagten Projekten wider. Ein geplanter elektrischer SUV mit drei Reihen, der ursprünglich für 2025 vorgesehen war, wurde ganz gestrichen, und der nächste elektrische F-150 Pickup hat seine Markteinführung bereits zweimal verschoben, nun auf 2027. In der Zwischenzeit hat das Unternehmen die Ausgaben für EVs um 10 % gekürzt, was auf einen vorsichtigen Ansatz angesichts eines unsicheren Marktes hinweist.
Fords jüngste Entscheidungen haben für Aufsehen gesorgt. Der ikonische Fiesta, ein Bestseller in Europa, wurde im letzten Jahr eingestellt, nach dem Aus des Mondeo im Jahr 2022. Der Focus soll 2025 eingestellt werden, was die früheren Schritte des Unternehmens in den USA widerspiegelt, wo der Fusion (international als Mondeo bekannt) und der Taurus vor Jahren aus dem Verkehr gezogen wurden.
Regierungen weltweit nehmen den chinesischen EV-Boom zur Kenntnis und setzen Schutzmaßnahmen um. In der vergangenen Woche kündigte die Biden-Administration einen erheblichen Zoll von 100 % auf in China hergestellte EVs an, der ab dem 27. September in Kraft tritt. Ebenso wird die Europäische Union voraussichtlich über erhöhte Zölle auf chinesische EVs abstimmen, mit möglichen Abgaben von 36,3 % auf SAIC, 19,3 % auf Geely (der Muttergesellschaft von Volvo) und 17 % auf BYD. Diese Sätze könnten jedoch laut Bloomberg nach unten angepasst werden.
Während sich die Automobillandschaft verändert, ist klar, dass westliche Automobilhersteller sich schnell anpassen müssen, um nicht von Chinas rasant fortschreitender EV-Industrie überholt zu werden.